„Globalisierung, Internationalität, Interdisziplinarität, das sind Begriffe, die derzeit in aller Munde sind. Die Welt, in der wir leben, hat sich Ober Lander- und Kulturgrenzen hinweg stark verdichtet, dies dank der modernen Kommunikationsnetze, dank der wirtschaftlichen Verknüpfungen, dank der politischen Veränderungen der zurückliegenden Jahrzehnte, dank auch der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die globalen Auswirkungen unseres menschlichen Handelns. Neue, oft revolutionierende Möglichkeiten ergeben sich dank der Forscher und Ingenieure, die an den Nahtstellen zwischen den herkömmlichen Fachdisziplinen arbeiten, beispielsweise an der Nahtstelle zwischen Mikrobiologie und Medizin oder an der Nahtstelle zwischen Mikrobiologie, Verfahrenstechnik und Bauingenieurwesen. Das Stichwort an dieser Stelle ist „Biotechnologie” mit seinen unterschiedlichsten Nuancen, teils ausgerichtet in Richtung Pharmakologie, teils in Richtung Umwelttechnik.
Die Persönlichkeit, die wir heute …. ehren, ist zu einem prominenten Repräsentanten dieser Neuen Welt geworden. Er hat die Umwälzungen und Entwicklung in vielfacher Hinsicht durchlitten, mitgetragen und aktiv vorangetrieben.“
Prof. Dr. Dr.-Ing. Drs. h.c. Peter Wilderer, 2001
Der Universitätsprofessor Prof. Dr. h.c. mult. Ivan Sekulov ist ein international anerkannter Wissenschaftler.
Er wurde am 18. März 1931 in Burgas am Schwarzen Meer, geboren. Seine Liebe zum Meer bestimmte wahrscheinlich sein Leben und schöpferischen Weg. In der Zeit von 1952 bis 1957 absolvierte er ein Studium als Wasserbauingenieur mit Schwerpunkt Wasserversorgung und Abwasser an der Universität für Architektur, Bauingenieurwesen und Geodäsie (UACEG) (ehemaliges Institut für Bauingenieurwesen / ISI /).
Trotz des Eisernen Vorhangs und des Fehlens eines Parteibuchs spezialisierte er in den Jahren 1961-1962 mit einem Stipendium der Weltgesundheitsorganisation an der Technischen Universität Delft (Niederlande) und erhielt ein Diplom in der Fachrichtung „Wasserwissenschaft und -technologien“.
„So wurde er zu einem Grenzgänger zwischen den beiden damals noch real existierenden politischen Welten und er wurde zu einem Grenzgänger zwischen Fachdisziplinen. Sein Arbeitsfeld ist zwischen dem Bauingenieuiwesen und der Verfahrenstechnik angesiedelt mit vielfaltigen Verflechtungen mit Teilbereichen der Physik, Chemie und Biologie.“
Prof. Dr. Dr.-Ing. Drs. h.c. Peter Wilderer, 2001
1971 verteidigte er erfolgreich mit «Summa cum laude» seine Doktorarbeit – (Alexander von Humboldt-Stipendium) an der Technischen Hochschule Stuttgart, Institut für Siedlungswasserbau unter der Leitung von Prof. Pöpel zum Thema: „Phosphorelimination mit permanent bestrahlten Blaualgen“. Als Oberassistent im Lehrstuhl Biologische Abwasserbehandlung (1971-1980) ist er Koordinator des staatlichen Sonderfonds (SFB-82) der Deutschen Bundesgesellschaft für Wissenschaft (DFG) für 14 interdisziplinäre Projekte im Bereich Weitergehende Abwasserreinigung (Elimination von Stickstoff, Phosphaten und Mikroverunreinigungen).
„Zur damaligen Zeit und ganz anders als heute war der Begriff „biologische Phosphorelimination“ im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft ein absolutes Fremdwort und Ivan Sekoulov folglich ein Exot. Damals hatte sich die Abwasserfachwelt in Deutschland gerade bis zur Nitrifikation vorgetastet. Dass weitergehende Abwasserreinigung an Bedeutung gewinnen wird und die dann notwendig werdende Verfahrenstechnik durch fundierte Grundlagenforschung vorbereitet und entwickelt werden muss, war eine Vision, die Prof. Sekoulov mit groβer Beharrlichkeit vorangetrieben hat. Das Ergebnis war die Einrichtung des Sonderforschungsbereichs 82 an der Universität Stuttgart mit dem Titel: „Weitergehende Abwasserreinigung“, zu dessen Geschäftsführer er bestellt wurde.“
Prof. Dr. Dr.-Ing. Drs. h.c. Peter Wilderer, 2001
1981 wurde er zum ordentlichen Professor am Institut für Wissenschaft und Technologien für Abwasserbehandlung der TUHH (Technische Universität Hamburg-Harburg) ernannt.
„Dort war geplant, eine Forschungsuniversität aufzubauen, die nicht nach herkömmlichen Fachdisziplinen gegliedert ist, sondern nach Obergeordneten, fächerübergreifenden Forschungsthemen. Prof. Sekulov passte mit seinem breit angelegten, visionären Forscherprofil genau in dieses Konzept.“
Prof. Dr. Dr.-Ing. Drs. h.c. Peter Wilderer, 2001
Die schöpferische Tätigkeit von Prof. Sekulov ist enorm und vielfältig. Er hat über 270 wissenschaftliche Arbeiten verfasst. Er ist Autor grundlegender Forschungspublikationen zu schwer abbaubaren CSB-Verbindungen, Aktivkohle, Filtration und Stickstoffeliminierung. Er ist auch der Verfasser von zwei Büchern – Weitergehende Abwasserreinigung, 1977 und Stickstoffelimination, 1988.
Die Stärke von Prof. Sekulov liegt jedoch im Anwendungsbereich.
„Nun ist die Forschung die eine, die Anwendung die andere Sache. Im Bereich der Ingenieurwissenschaften bleibt Forschung ohne Anwendungsbezug einbeinig. Prof. Sekoulov hat sich daher schon gleich nach seiner Berufung nach Flamburg sein zweites Standbein geschaffen, nämlich ein Ingenieurbüro, in dem er als Partner mitwirkt, und mit dem er die Ergebnisse der Forschung direkt in die Praxis überträgt und umgekehrt, Probleme der Praxis in Forschungsaufgaben Obersetzt. Diese (Combination hat sich überaus gut bewahrt, nicht nur im unmittelbaren Umfeld der TU Flamburg-Flarburg, also in Flamburg selbst und in Schleswig-Fiolstein, sondern weit über die Grenzen unseres Landes hinaus. Prof. Sekoulov wurde in der Türkei, Portugal, Russland, Tunesien, im Iran und nach der politischen Wende stark auch in Bulgarien tätig.“
Prof. Dr. Dr.-Ing. Drs. h.c. Peter Wilderer, 2001
Als brillanter Dozent wurde Prof. Sekulov in verschiedenen Ländern der Welt als Gastprofessor und als Plenarreferent zu vielen internationalen wissenschaftlichen Foren eingeladen. Seine Verdienste wurden durch eine Reihe von internationalen Auszeichnungen anerkannt. Zum Beispiel ist er Träger der Willie Hager-Goldmedaille – für international anerkannte Arbeiten und einen wesentlichen Beitrag auf dem Gebiet der Wassernachbehandlung und der erfolgreichen Umsetzung neuer wissenschaftlicher Fortschritte, der Willie Hager-Stiftung (DECHEMA, ATV – Gesellschaft für industrielle Chemie), Frankfurt am Main (2001).
Nach der demokratischen Wende in Bulgarien engagierte sich Prof. Sekulov aktiv und enthusiastisch für die Lösung von Abwasseraufbereitungsproblemen und die Ausbildung von Studenten.
Als Mitglied der Sektion “Technische Wissenschaften” der Vereinigung bulgarischer Wissenschaftler (VBW), sowie des Redaktionsrats der Zeitschrift “Wissenschaft”, wurde Herrn Prof. Dr.-Ing. Ivan Sekulov 1994 am 6. VBW-Kongress auch der Titel “Ehrenmitglied der Vereinigung bulgarischer Wissenschaftler” verliehen.
Im Jahr 2000 gründete Prof. Sekulov das deutsch-bulgarische Ingenieurbüro in Sofia – Delphin Project Ecotechnics Ltd.
Er ist ein geliebter und hoch angesehener Dozent für Studenten der USAG, wo er nicht nur spezielle Kurse erarbeitete, sondern auch Wege fand, ein spezielles Forschungslabor zu finanzieren und einzurichten. Durch die Organisation eines vom DAAD, Deutschland, finanzierten Deutschkurses für Ingenieurwissenschaftler hat er auch einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der Fremdsprachenausbildung der Studierende an der Universität für Chemie, Technologie und Metallurgie (UCTM) in Sofia. Für diese Tätigkeiten erhielt er den Ehrentitel Doktor Honoris Causa der Universität für Chemie, Technologie und Metallurgie (UCTM) für Verdienste in der Entwicklung der europäischen Hochschulbildung und dem Ausbau der deutsch-bulgarischen Wissenschafts- und Kulturbeziehungen – Sofia (1994) und Doktor Honoris Causa von der Universität für Architektur, Bauingenieurwesen und Geodäsie – für seine aktive akademische Arbeit beim Aufbau eines modernen Labors an der Fakultät für Hydrotechnik der UASAG und für ihr internationales Ansehen und für seinen persönlichen Beitrag zur Entwicklung wichtiger Aspekte der Theorie und Praxis der Abwasserbehandlung – Sofia (2003) verliehen.
Im Februar 2017 verließ uns Herr Prof. Dr. h.c. mult. Ivan Sekulov. Bis zuletzt war er beruflich aktiv und hatte immer noch so viele Ideen. Mit ihm verlor der Wassersektor eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die ihr ganzes Leben lang voller Kreativität war und uns dazu inspirierte diese zu folgen. Wir schulden ihm viel und werden ihn immer in guter Erinnerung behalten.
An unseren Lehrer und Mentor – mit Liebe und Verbeugung
Das Team von Delphin Project Ecotechnics Ltd.